Corona: Die große Gleichgültigkeit

Aus FreeWiki
(Weitergeleitet von Gleichgültigkeit)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Das folgende Essay »Die große Gleichgültigkeit« von Marcus Klöckner erschien zuerst am 12.11.21 in dem Online-Magazin Multipolar (über den Autor).


»Die große Gleichgültigkeit

Was seit März 2020 in diesem Land passiert, verschlägt selbst erfahrenen politischen Beobachtern die Sprache. Schwere Grundrechtseingriffe reihen sich aneinander, die obersten Verfassungsrichter dinieren mit der Kanzlerin und bescheinigen sich selbst, nicht befangen zu sein. Die Verächtlichmachung und Diskriminierung von Nichtgeimpften haben sich tief in das Innere der Gemeinschaft eingeschlichen. Die Schäden an Demokratie und Gesellschaft sind kaum noch zu beziffern. Forciert wird diese Entwicklung nicht nur von jenen, die von einer „Tyrannei der Ungeimpften“ reden oder „mehr Diktatur“ fordern, sondern auch durch eine große Gleichgültigkeit. Ein Essay.

MARCUS KLÖCKNER, 12. November 2021, 6 Kommentare, PDF

Sollten Ungeimpfte öffentlich exekutiert werden? – Geschmacklos! mag der ein oder andere Leser bei dieser Frage ausrufen. Und ja, geschmacklos: Das mag sein. Die Frage ist hart. Doch manchmal bedarf es der Hyperbel, des Stilmittels der Übertreibung, um Augen zu öffnen.

Aber der Reihe nach. Dies ist ein Text über drei Gruppen von Bürgern. Die Einpeitscher, die Maßnahmenkritiker und die Gleichgültigen. Der Text handelt vom fatalen Zusammenspiel zwischen den Gleichgültigen und den Einpeitschern. Er handelt auch von den Kritikern der Coronamaßnahmen, die sich um den Zustand der freiheitlich-demokratischen Grundordnung große Sorgen machen.

Während die zuletzt genannte Gruppe immer wieder Maß und Ziel im staatlichen und persönlichen Umgang mit dem Virus anmahnt, ergötzen sich die Einpeitscher regelrecht an der autoritären Entwicklung in Politik und Teilen der Gesellschaft, zu deren Entstehung sie beitragen. Und wie sieht es mit der dritten Gruppe aus? Die Gleichgültigen dienen dem Autoritären durch ihr fast schon gespenstisch blutleeres Verhalten als eine Art unsichtbarer Steigbügel.

Auftritt: die Gleichgültigen

Lesen wir den „Corona-Newsticker“ der ZEIT:

„Die Konzerne Bayer, E.on und Alltours wollen künftig geimpften und genesenen Kolleginnen und Kollegen eigene Kantinenbereiche oder Cafeterias anbieten…Bei Bayer gebe es bereits mehrere Pilotprojekte mit Kantinenbereichen nur für Geimpfte und Genesene. Alle Firmen gaben der Zeitung gegenüber an, dass Nichtgeimpfte weiterhin Zugang zu ihren Kantinen hätten.“

Und nun noch ein Abschnitt auf Merkur.de:

„Ob Ungeimpfte in Bayern weiterhin Lebensmittel einkaufen können, hängt deshalb an Markus Söder, seiner Staatsregierung, und vor allem an den Einzelhändlern selbst, schließlich sind sie nicht zur Umsetzung der 2G-Regel gezwungen.“

Diese beiden Textausschnitte sind wie ein Blick durch eine offene Tür, die den Eingang zu einem Land zeigt, in dem das dystopische Moment immer weiter seine Kraft entfaltet. Nur: Hinter dieser Tür liegt nicht China. Wir blicken auf Deutschland im Spätherbst 2021. Die angeführten Abschnitte sind zur Erfassung dessen, was sich abspielt von besonderer Bedeutung. Diese Zeilen sind kaum erschienen und tragen schon ihren eigenen zeithistorischen Wert in sich.

Konzerne wie Bayer, E.on und Alltours separieren Geimpfte von ungeimpften Bürgern. Und: Ungeimpfte Menschen können in Bayern (auch in anderen Bundesländern) vom Lebensmitteleinkauf ausgeschlossen werden. Das sind die Kernaussagen, dieser Textstellen.

Der aufmerksame Leser bemerkt es: Ungeheuerliche Aussagen, Aussagen, die in ihrer Tragweite die Fundamente unseres freiheitlich verfassten Gemeinwesens erschüttern, treten so in Erscheinung, als sei es das Normalste der Welt, Geimpfte von Ungeimpften zu separieren, so, als sei es nicht mehr als eine Nebensächlichkeit, dass Ungeimpften – politisch abgesegnet – der Einkauf in Lebensmittelgeschäften versagt werden darf. Widerspruch von guten Bürgern? Massendemonstrationen gegen Diskriminierung und Spaltung? Fehlanzeige. Da ist sie: Die große Gleichgültigkeit!

Die Gleichgültigkeit, die ein beachtlicher Teil der Bürger in Deutschland seit der Pandemie erkennen lässt, zieht sich durch nahezu alle Bereiche unseres Lebens. Von den privaten, familiären, beruflichen Beziehungen bis hinauf zu jenen Teilbereichen und Institutionen unserer Gesellschaft, die für eine Demokratie von zentraler Bedeutung sind: Medien, Politik, Schulen, Universitäten. Diese Gleichgültigkeit war schon im März 2020 zu beobachten. Sie synchronisiert sich sogar in ihrer Größe mit den immer übergriffiger werdenden Maßnahmen.

Maskenpflicht auf dem Parkplatz? Egal! Parkbanksitzverbot? Egal! Kontaktbeschränkungen? Egal! Ausgangssperre? Egal! Impfpflicht durch die Hintertür? Egal! Überall sind Menschen anzutreffen, die mit Gleichgültigkeit jede noch so fragwürdige Maßnahme von staatlicher Seite hinnehmen und sogar über die offene Diskriminierung ihrer ungeimpften Mitmenschen hinwegsehen. Wollte man die Grundhaltung der Gleichgültigen in einem Ausspruch hörbar machen, dann lautete dieser: „Es ist halt so“!

Ein Verdacht drängt sich auf: Ein Teil der Mitbürger befindet sich in einer Art Dämmerschlaf. Sie sehen, sie nehmen zwar wahr, aber ihre Reaktionen sind gemessen an der Erwartungshaltung, die an mündige Bürger anzulegen ist, aber auch gemessen an der Dramatik der Entwicklungen nicht normal. Ja, ihre Haltung ist für eine Demokratie zutiefst beunruhigend.

In Gesprächen mit den Gleichgültigen kommt schnell zum Vorschein, dass ihr politisches Bewusstsein, wenn überhaupt ausgeprägt, regelrecht verkümmert ist. So standhaft sie in ihrer Gleichgültigkeit sind, so beharrlich ist ihre Weigerungshaltung, den Blick weg von der Zentrierung auf das eigene Selbst und die eigenen Lebensumstände zu heben, um die größeren politischen Dimensionen zu erfassen. Sie denken die äußeren Entwicklungen nur im Hinblick auf sich selbst. Ihre persönliche Schmerzgrenze scheinen sie von Übergriff zu Übergriff weiter zu verschieben. Es braucht, das ist eine bittere Erkenntnis, sehr viel, um sie dazu zu bewegen, aus ihrer Behäbigkeit herauszukommen. Nicht alle, aber viele von ihnen würden vermutlich selbst härteste Maßnahmen hinnehmen und sich selbst und anderen schönreden. Nicht von ungefähr – wie ein genauerer Blick auf den Begriff „gleichgültig“ zeigt, kann er synonymisch für Wörter wie „brutal“, „grausam“, „diktatorisch“ verwendet werden. In ihrem Verhalten und ihrer Einordnung der äußeren Entwicklungen spiegelt sich oft auch Opportunismus wider. Gepaart mit Ego-Fokussierung entsteht eine Grundhaltung, die in Zeiten demokratischer Herausforderungen zu einem großen Problem für die Demokratie wird.

Die Gleichgültigen neigen dazu, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, dem Autoritären zu folgen. Die opportunistische Ausrichtung zeigt sich an einer regelrechten innerlichen Katalogisierung ihrer Gedankengänge. Habe ich mit dem Tragen einer Maske ein Problem? Nein, dann ist es egal. Macht es mir etwas aus, mich impfen zu lassen? Nein. Dann kann es meinetwegen eine Impfpflicht geben. Sind die Auflagen, die mir von staatlicher Seite gemacht werden ein Problem für mein Geschäft? Ja. Aber ich widersetze mich nicht. Denn Ärger will ich keinen. Vielleicht wird mir diese Haltung zugutekommen.

Damit keine Missverständnisse entstehen: Das heißt gewiss nicht, dass alle Gleichgültigen durch und durch opportunistisch sind und brutale, grausame oder diktatorische Absichten hegen. Ein gewisser Teil von ihnen mag sogar aus menschlich völlig nachvollziehbaren Gründen gleichgültig sein. Vermutlich, hoffentlich, möchten viele der Gleichgültigen nicht einmal, dass sich das Autoritäre in unserem Land ausbreitet. Aber, wenn zu viele Bürger offensichtlichem Unrecht mit Gleichgültigkeit begegnen, dann kann aus dieser Gleichgültigkeit Brutales und Grausames mithervorgehen.

Die Ausläufer dieser Entwicklung sind bereits klar zu erkennen. Diejenigen, die Nachrichten wie die oben angeführten der Öffentlichkeit mitteilen, sind, wohlgemerkt, in einem gewissen Sinne keine gewöhnlichen Gleichgültigen, keine „gewöhnlichen“ Bürger. Wir reden an dieser Stelle nicht von Mitmenschen, die vielleicht aufgrund ihrer eigenen Lebensgeschichte in Lethargie gefangen sind. Wir reden nicht von Bürgern, die aufgrund von mangelnder Bildung und der sich manchmal auf sie stützenden Erkenntnisfähigkeit nicht in der Lage sein mögen, zu verstehen, was die Aussagen in den beiden Artikelauszügen in ihrer gesamten Tragweite bedeuten. Nein, die Zeilen wurden von Journalisten, vermutlich: Redakteuren verfasst.

Journalisten verfügen in der Regel mit über das höchste allgemeine formale Bildungskapital, das man in Deutschland besitzen kann. Sie haben Abitur und vermutlich ein abgeschlossenes Studium. Zudem bewegen sie sich oft in einem hochkulturellen Umfeld. Mit anderen Worten: Alleine schon aufgrund ihrer Bildung, kennen sie den Unterschied zwischen einer Utopie und einer Dystopie. Journalisten kennen die historische Bedeutung von Diskriminierung und wissen, was die Separierung von Menschen durch staatliche Maßnahmen für eine Gesellschaft bedeutet. Aber viel wichtiger: Diese Informationen teilen uns jene Akteure mit, die sich selbst als „Wächter der Demokratie“ verstehen. An sie darf und muss eine Gesellschaft in der gegenwärtigen Situation besonders hohe Anforderungen anlegen. Sie dürfen „nicht gleichgültig“ sein. Und dennoch ist bei vielen Medienvertretern eine unerträgliche Untätigkeit zu erkennen.

Die Gleichgültigkeit, mit der Journalisten das Ungeheuerliche ins Banale kleiden, ist durch nichts zu entschuldigen.

Wer über die unfassbaren Entwicklungen in unserem Land auf diese Weise berichtet, wer den himmelschreienden Wahnsinn einer völlig aus dem Ruder laufenden Mobilmachung gegen Ungeimpfte auf diese Weise, „nachrichtlich“, „sachlich“ wiedergibt, ist nicht einfach nur „neutral“. Die Gleichgültigkeit ist, ob gewollt oder nicht, eine Komplizenschaft eingegangen. Es ist, auch wenn sich viele dieser Gleichgültigen die Ohren zu halten und das nicht wahrhaben wollen, die Komplizenschaft mit einer Entwicklung, die den Keim des Totalitären in sich trägt. Das gilt, leider, für alle, die, aus welchen Gründen auch immer, mit Teilnahmslosigkeit auf die politischen Entscheidungen reagieren – aber für Journalisten, um es noch mal zu betonen, im Besonderen.

Der Begriff „Lebensmittel“ ist in der aktuellen Situation wie gemacht, um die Menschenverachtung, die im Ausschluss der Ungeimpften angelegt ist, freizulegen.
Der Begriff setzt sich, für jeden leicht zu erkennen, aus dem Wort „Leben“ und „Mittel“ zusammen. Nahrung ist ein Mittel zum Leben. Ohne dieses Mittel, ohne Nahrung, kein Leben. Wer in unserer Gesellschaft nicht mehr in einen Lebensmittelladen darf, dem wird ein Mittel zum Leben entzogen, verwehrt.

Kaum sind diese Zeilen geschrieben, drängen die Rufe jener Gruppe ans Ohr, die beschönigt, abwiegelt, abtut. Diese Gruppe reagiert also alles andere als „gleichgültig“. Zu dieser Gruppe gehören Akteure, die die Maßnahmen mindestens gutheißen oder gar, noch schlimmer, als Scharfmacher dabei helfen, ein gesellschaftliches und politisches Klima zu schaffen, dass die Unterdrückung der Ungeimpften ermöglicht und forciert.

Auftritt: die Einpeitscher

„Eine absurde Argumentation!“, rufen sie. Erstens werde noch niemand vom Einkauf in Lebensmittelläden ausgeschlossen. Zweitens, selbst wenn: Lieferservice! Deshalb – so scharfzüngig wie böse ist ihre Conclusio – würden Ungeimpfte doch nicht verhungern, wenn ihnen der Gang in den Lebensmittelladen verboten werden sollte.

Also: Alles nicht so schlimm? Kein Grund zur Kritik? Wie pervers, wie krank, wie menschenverachtend diese „Haltung“ ist, erschließt sich wohl nur jenen nicht, die aus einem inneren Hass gegenüber ihrem „andersartigen“ Mitbürger, dem Ungeimpften, an der Diskriminierung festhalten wollen – so wie ein Rassist, getragen von öffentlicher Zustimmung, im amerikanischen Süden lange Zeit die völlig „legitime“ Auffassung vertreten durfte, „der Schwarze“ solle separiert in einer eigenen Ecke sitzen, wenn er essen will.

Unsinn! Unsinn! Tönen die, die kleinreden. Der Ausschluss eines Ungeimpften aus Kernbereichen unserer Gesellschaft, unseres Lebens, sei doch nur zu „unser“ aller Besten. Jeder Vergleich zum Rassismus verböte sich.

Ja, es gibt nichts Neues unter der Sonne. Das Böse, so war es schon immer, versteht es sehr geschickt, sich in Unschuld zu kleiden. Das Böse ist für viele nie auf den ersten Blick böse. Der Rassist inszeniert sich als wahrer „Beschützer“ der „anständigen“ Gesellschaft, der besorgt ist, dass die dunkle Hautfarbe des „Negers in der Ecke“ auf ihn und seine Mitmenschen abfärben könnte. Der Nazi war doch „nur“ um die Gesundheit des „Volkskörpers“ besorgt. Und die aufrichtigen „Gesundheitswächter“ unserer Zeit? Die wollen den Ausschluss und die Diskriminierung der Ungeimpften auch nur aus den „edelsten“ Motiven. Sagen sie.

Empörung! Empörung! Maximale Empörung!

Kaum etwas hassen die Einpeitscher so sehr wie den Spiegel, der ihnen vorgehalten wird. Sie, die doch nur die Überlastung der Intensivstationen verhindern wollen; sie, die doch nur der Pandemie ein Ende bereiten wollen; sie, die doch nur aus größter Sorge um ihre Mitmenschen handeln; sie also werden mit Rassisten und Nazis verglichen?

Langsam, langsam. Ja, eine gewisse Differenzierung ist angebracht. Vermutlich – hoffentlich! – ist es nur eine kleine Gruppe, die aus einem eigenartigen inneren Hass gegenüber den Ungeimpften zum öffentlichen Einpeitscher wird und die hehren Motive zur Tarnung ihres eigentlichen Antriebs vor sich trägt. Der weitaus größere Teil will, vermutlich – hoffentlich! – Ungeimpfte nicht diskriminieren, sieht aber tatsächlich einen dringenden Handlungsbedarf im Sinne der Pandemiebekämpfung, der den massiven Druck auf die Ungeimpften aus ihrer Sicht rechtfertigen lässt. Natürlich basiert die Argumentation dieses Teils der Maßnahmenbefürworter nicht auf Motiven, die mit denen von Nazis und Hardcore-Rassisten zu vergleichen wären.

Schön. Nun aber zum weniger schönen Teil der Wahrheit – denn den gibt es auch. Ihre Bewertung nämlich, wonach auch repressive Mittel auf Ungeimpfte ausgeübt werden sollen, um diese zum Impfen zu bewegen und so, angeblich, die Gesellschaft zu schützen, mag gut gemeint sein, das Ergebnis ist jedoch, wie gerade live zu beobachten, sowohl für Gesellschaft als auch die Demokratie fatal. Sie übersehen in ihrer Absicht, die Pandemie effektiv zu bekämpfen, eine Kernaussage unserer Gemeinschaft: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Weder wird, aller Voraussicht nach, der Druck dazu führen, dass sich die Mehrheit der Ungeimpften für eine Impfung entscheidet, noch verhindert er die Unterbrechung des Infektionsgeschehens, schließlich zeigen die Beobachtungen, dass auch Geimpfte sich infizieren und das Virus verbreiten und auch schwer erkranken können. Vielmehr führt der Druck zu einer brachialen Spaltung der Gesellschaft. Er führt zu einer schweren, geradezu traumatischen Enttäuschung im Hinblick auf die demokratischen Organe des Staates, die in der Pandemie, was die Achtung der Grundrechte angeht, schwer versagt haben.

Der Druck führt in der Konsequenz auch zu einem Misstrauen gegenüber Staat und Politik, das sich eine gesunde Demokratie nicht leisten kann. Zumindest ein gewisses gegenseitiges Grundvertrauen sollte zwischen Staatsbürger und Staat vorhanden sein. Der Druck führt auch zu persönlichen, individuellen Verletzungen, die sich aus dem Bewusstsein des Ausschlusses aus der Gemeinschaft ergeben. Er lässt eine Form staatlicher Gewalt entstehen, die zwar nicht physischer Natur ist, die aber mit einer Wucht an den einzelnen Staatsbürger herantritt, wie sie in einem freiheitlich-demokratischen Gemeinwesen nicht vorkommen darf.

Bildlich gesprochen ist der Staat im Laufe der Pandemie mit dem Panzer über die Grundrechte gefahren – unter Schützenhilfe von Journalisten – und bis in die Wohnung von so manchem Bürger vorgedrungen, der es gewagt hat, verbotenerweise, einen Bruder oder eine Schwester „zu viel“ in seiner Wohnung zu Besuch zu haben. Nun will der Impfstaat auch noch mit der Spritze in den Körper der Bürger eindringen. Nicht direkt – noch nicht! Aber indirekt, derzeit mit den eigentlich unveräußerlichen Grund- und Menschenrechten als Erpressungsmittel.

In einer Korrespondenz schrieb mir ein Freund, der über die Situation in Deutschland bestürzt ist, das Folgende:

„Ich rechne mit fast allem; bald nur noch zu einer Uhrzeit einkaufen gehen? Wieso nicht? Extra Steuer für Ungeimpfte? Nur gerecht, denn irgendwie müssen ja die ganzen Kosten, die die 'Pandemie der Ungeimpften' verursacht ja getragen werden! Schwimmbadverbot für Ungeimpfte? Klar, denn wenn der Bademeister so einen retten müsste, dann könnte er sich ja anstecken! Rote Pudelmützenpflicht für Ungeimpfte? Gute Idee, dann können die anderen diese 'Menschen' früher erkennen und man kann Sicherheitsabstand einhalten, Straßenseite wechseln etc.“

Zur Einordnung: Der Verfasser des angeführten Zitats gehört nicht zu den Gleichgültigen. Er ist aber verzweifelt aufgrund dessen, was er mitansehen muss. Als Jurist ist er ein rational denkender Mensch. Er ist klug, umsichtig. Und er ist ein Familienvater und sieht jeden Tag, was überbordende Maßnahmen auch seinen Kindern antun. Mit anderen Worten: Wenn er solche Gedanken hat, dann denken auch andere Bürger so.

Zeit, um innezuhalten. Was ist in unserem Land passiert? Was ist passiert, dass Staatsbürger überhaupt derartige Gedanken äußern?

Nein! Nein! Nichts ist passiert, was solche Gedanken rational rechtfertigt! Wer so etwas denkt, ist „verirrt“, bestimmt ein Querdenker, ein Aluhut, ein Spinner, sagen die, die Umstände gutheißen.

Nein. Kein Querdenker. Kein Aluhut. Kein Spinner.

Auftritt Hollywood-Schauspieler James Woods: „Gelbe Abzeichen in Deutschland. Wird Geschichte dort nicht mehr länger gelehrt?“ So lautete ein Tweet des Oscar-nominierten und mit einem Golden Globe ausgezeichneten Mimen. Grund für die Empörung Woods war die Idee des Apothekers Simon Krivec und zweier Mitstreiter in der Stadt Moers, Geimpften einen gelben Anstecker an die Kleidung zu heften, damit sie sich von den Ungeimpften auf den ersten Blick unterscheiden lassen. Woods, der in einer TV-Serie über den Holocaust als jüdischer Bürger eine zentrale Rolle spielte, scheint über wache Detektoren zu verfügen. Sie schlagen an, schlagen Alarm – so wie bei vielen Bürgern hier im Land, die auf die ein oder andere Weise gegen die Maßnahmen protestieren.

Während mancher, wie etwa ein Journalist der Rheinischen Post, es „schade“ findet, dass die Aktion mit dem gelben Anstecker aufgrund des öffentlichen Drucks abgeblasen wurde, und die Auffassung vertritt, die Impfung sei „auch Ausdruck einer Haltung“, sehen das die Maßnahmenkritiker anders. Seit Beginn der Pandemie hinterfragen sie das politische Handeln. Sie mahnen zur Mäßigung im politischen Umgang mit dem Virusgeschehen. Sie fordern Medien auf, den Angst- und Panikmodus auszuschalten und das abzuliefern, was sie eigentlich müssten: Journalismus. Sie sind nicht gleichgültig. Sie nehmen nicht hin.

Auftritt: die Maßnahmenkritiker

„Die Tatsache, dass wir hier überhaupt über den Ausschluss von Menschen sprechen, dass wir soweit gekommen sind, ist ein Tabubruch. (…) Allein schon die Überlegung [2G] umzusetzen ist menschenverachtend. Der Direktor des Sozialgerichts Fulda hat das bezeichnet als ‚Fanal der Unmenschlichkeit‘. Es gibt Tabulinien in einem Rechtsstaat und eine ist mit 2G gefallen.“

Das sind die Worte der Anwältin Jessica Hamed. Hamed hat sich früh mit den Mitteln des Rechts zur Wehr gesetzt und ihre Stimme erhoben. Sie hat zahlreiche Mandanten vor den Gerichten in Deutschland vertreten, die sich gegen bestimmte Maßnahmen wehren wollten. Das Ergebnis: Oft eine „Rechtsprechung“, die den Eindruck hinterlassen hat, sich mehr an der Politik als am Recht zu orientieren.

„Noch nie sind die in der Verfassung garantierten Grundrechte so raumgreifend und handgreiflich eingeschränkt worden wie zur Corona-Bekämpfung. Und noch nie hat das Bundesverfassungsgericht so versagt. Es hat nicht versagt, weil es eine falsche Entscheidung getroffen hätte. Es hat versagt, weil es bisher dazu, 19 Monate lang, keine substanzielle Entscheidung getroffen hat und weil es vor der nun bevorstehenden Entscheidung ärgerliche Fehler macht. Das Gericht verweigert sich einer mündlichen Verhandlung, es missachtet ein sensibles rechtliches Gehör, es manövriert sich in die Befangenheit.“

Diese Zeilen hat Heribert Prantl in einem Beitrag in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht. Prantl, der auch Jurist ist, gehört zu den profiliertesten Kolumnisten im Land. Er ist bekannt dafür, seit Jahrzehnten mit wachen Augen, Justiz und Rechtsprechung zu beobachten. Und er gehört gewiss nicht zu jenen, die solche Sätze unbedacht äußern.

Das sind nur zwei Stimmen aus der Gruppe der Maßnahmenkritiker. Neben Juristen gibt es Schauspieler und andere Kulturschaffende, Wissenschaftler aus den unterschiedlichen Disziplinen, Arbeiter, Angestellte, Mütter, Väter, Leute „von nebenan“, die die Coronapolitik der Regierungen nicht hinnehmen wollen. Und zwar nicht aus Egoismus oder wegen eines schrägen Freiheitsverständnisses, wie Journalisten diese Gruppe gerne in der Öffentlichkeit darstellen.

Viele von ihnen haben keinerlei Probleme damit, Rücksicht auf ihre Mitmenschen zu nehmen und auch im Sinne einer Pandemiebekämpfung zu handeln. Nicht wenige von ihnen haben auch Angst vor dem Virus, möchten weder sich selbst noch andere infizieren. Aber sie begegnen den politischen Anweisungen nicht mit blindem Gehorsam, sondern so, wie mündige Staatsbürger politischen Anweisungen, die bis ins Mark der Grundrechte schneiden, zu begegnen haben.

Bei den Maßnahmenkritiker handelt es sich um Menschen, die der Anweisung des Staates, sich einer Ausgangssperre zu unterwerfen, nicht mit „jawoll!“ begegnen. Ihr Reaktion besteht in einer Frage: „Warum?“ Es versteht sich von selbst, dass ein demokratischer Staat, dessen Institutionen und Handlungsträger der Öffentlichkeit verpflichtet sind, eine Antwort auf diese Frage geben müssen. Oder genauer: Der Staat sollte auf die „Warum-Fragen“ besser sehr gute Antworten parat haben.

Von politischer Seite gab es Antworten. Ausgangssperren gibt es, um das Infektionsgeschehen zu vermindern, sagt der Staat. Warum vermindert die Ausgangssperre das Infektionsgeschehen, fragen die Maßnahmenkritiker. Antwort des Staates: Weil es so weniger potenzielle Kontakte von Menschen zueinander gibt. Das mag sein. Aber sind, beispielsweise, diese möglichen Kontakte nach 21 Uhr tatsächlich relevant im Hinblick auf eine wesentliche Minimierung des Infektionsgeschehens? Steht die Maßnahme, die es im Hinblick auf die Dauer und den umfassenden Charakter nicht einmal im Krieg gegeben hat, im Einklang mit unserer Verfassung? Warum soll ein Bürger es hinnehmen, dass ein Abendspaziergang unter Strafe steht, haken die Kritiker nach.

Staat, staatsnahe Experten und Medienvertreter antworten auf diese Fragen zugespitzt wie folgt: Schluss! Aus! Basta! Wir sind im Recht, ihr Maßnahmenkritiker seid im Unrecht! Ähnliche Reaktionen ließen sich auf so ziemlich alle Warum-Fragen der Kritiker nachzeichnen.

Justizversagen

Am 4. Oktober 2021 meldet sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) zu Wort. Die Verhängung der Ausgangssperren in Bayern von März bis April 2020 war nicht rechtmäßig. Der VGH ist der Auffassung, die Regierung hätte bei gleicher Eignung auch auf weniger drastische Mittel zugreifen können. Nüchtern ist festzustellen: Der VGH hat Recht im Sinne des Rechts und nicht im Sinne der Politik gesprochen.

Und dennoch: Über eineinhalb Jahre hat es in Bayern gedauert, bis bei einem so weitreichenden Grundrechtseingriff ein Gericht in der Hauptsache Recht gesprochen hat. 18 Monate, in denen Bürger mit der Annahme leben mussten, die Ausgangssperren könnten rechtmäßig gewesen sein. In den Eilverfahren, die es gab, haben Gerichte allesamt abschlägig entschieden – bis hoch zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof und bis hoch zu eben jenem Münchner Verwaltungsgerichtshof, der jetzt anders entschieden hat.

Nun ist es keine Besonderheit, dass Gerichte im Eilverfahren bei einer groben Prüfung anders entscheiden als im Hauptsacheverfahren. Allerdings: Wenn Grundrechtseingriffe eine solche Dimension einnehmen, dann müssen die Gerichte aus ihrer Komfortzone heraus. Gerichte sind dem Recht verpflichtet, nicht der Politik!

Ein Pandemiegeschehen mag es notwendig machen, dass der Staat seinen Handlungsspielraum weit ausschöpft, aber sein Handlungsspielraum hat dort Grenzen, wo er die unveräußerlichen Grundrechte angreift und zur Verfügungsmasse degradiert. Dem Staat sei zugestanden, in einer Pandemie weit zu gehen, Narrenfreiheit hat er nicht.

Formaler Rechtsschutz, ja, dieser war und ist im Hinblick auf die Coronamaßnahmen gegeben, aber von einem effektiven, faktischen Rechtsschutz zu sprechen, würde die Rechtsrealität seit März 2020 verleugnen. Zwar gab es rühmliche Ausnahmen, es gab Gerichte, wie etwa Weimar gezeigt hat, die die Verantwortung nicht von sich geschoben und Maßnahmen genau geprüft haben, um dann zu einem für die Politik wenig schmeichelhaften Ergebnis zu kommen. Doch das waren Ausnahmen. Dem besagten Richter, das sei am Rande erwähnt, stattete „der Staat“ einen Besuch zur Hausdurchsuchung ab. Vorwurf: Rechtsbeugung.

Gerichte haben, so darf man es sehen, in der Pandemie das Recht zu Wachs werden lassen, so dass es beliebig in jeden Beschluss gegossen werden kann. Manchmal spiegelt sich der politische Wille stärker in den Gerichten wider, als es einem Rechtsstaat zuträglich ist.

Selbst das Bundesverfassungsgericht, jenes Gericht, das als Hüterin der Verfassung gilt, hat die Grundrechtseingriffe hingenommen. Fast könnte man den Eindruck haben, die Karlsruher Richter gehörten der Gruppe der Gleichgültigen an. Doch nein, das Schweigen des höchsten deutschen Gerichts basiert nicht auf Gleichgültigkeit. Wenn ein so reputiertes, erfahrenes Gericht in der beschriebenen Situation schweigt, dann kann das Schweigen gewiss nicht als Gleichgültigkeit verstanden werden. Es gilt die alte Erkenntnis: Wer schweigt, stimmt zu. Diese Lesart lässt sich durch eine Aussage des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Habarth, untermauern. Der „Rechtsstaat“, so Habarth, habe sich in der „Corona-Zeit“ „bewährt“. Das sagte der oberste Richter in einem Interview vom Oktober 2020.

Rechtsstaat? Bewährt? Nein, nicht der Rechtsstaat hat sich bewährt. Bewährt hat sich, so darf man es sehen, die Verbundenheit zwischen Justiz und Politik. Die Umstände eines gemeinsamen Abendessens aller 16 Karlsruher Richter mit Angela Merkel Ende Juni 2021 im Bundeskanzleramt können als sichtbares Zeichen verstanden werden, das zeigt: Bisweilen existiert nicht nur eine mentale Nähe zwischen Politik und Justiz; diese Nähe konzentriert sich sogar im physischen Bereich.

Fatal: Den Gleichgültigen ist das alles egal, den Einpeitschern kommt es nur zugute, wenn Gerichte direkt oder indirekt Coronamaßnahmen mittragen und rechtlich die Absolution erteilen. Ein Wechselspiel zwischen institutionellem und zivilgesellschaftlichem Versagen vollzieht sich vor unseren Augen – es verrät viel über die wahre Verfassung unserer Demokratie. Der alte Spruch „Wehret den Anfängen!“ mag abgegriffen klingen, aber er war seit langem nicht mehr so berechtigt, wie in dieser Zeit.

Entweder ist die Würde des Menschen, ja: aller Menschen, unantastbar; entweder gelten die Grund- und Menschenrechte auch in einer schweren Krisenzeit; entweder halten die Institutionen das, was sie versprechen und was sie halten müssen, oder aber sie verschmelzen bereitwillig mit dem Autoritären und die Würde der Menschen wird antastbar.

„Neue Normalität“

Viele Bürger scheinen noch immer nicht begriffen zu haben, was das viel zitierte Paradigma einer „neuen Normalität“ bedeutet. Noch nie in der Geschichte der Menschheit gab es eine Situation wie sie seit „Corona“ vorherrscht. Eine globale Pandemie, die zu Maßnahmen geführt hat, die potenziell alle Menschen betreffen. Hinzu kommt: Noch nie zuvor waren die technischen Möglichkeiten, die zur Kontrolle und Überwachung von Menschen verwendet werden können, so ausgeprägt, wie es heute der Fall ist. Abstandswarner, wie sie auch im Aktuellen Sportstudio völlig kritiklos als tolle Erfindung vorgestellt wurden, gehören noch zu den „harmlosesten“ Mittel, die technisch den Weg hin zur „neuen Normalität“ mit ebnen helfen können.

Wer Kritiker, die Augenmaß im Umgang mit den Grundrechten verlangen, abtut, als seien ihre Sorgen völlig absurd, sollte einen Blick dorthin werfen, wo die Dystopie bereits weiter ausgeprägt ist. Im Netz, wie etwa auf dem Twitter-Kanal von Songpinganq finden sich kurze Videos, die Alltagssituationen aus China zeigen, die eins zu eins aus einem dystopischen Hollywood-Film stammen könnten. Mobile Test-Teams, die stichprobenartig Menschen auf der Straße anhalten und testen, ein digitaler Impfpass, der über Nacht von „grün“ auf „gelb“ gestellt wird mit der Konsequenz, dass Menschen nicht mehr in Geschäfte kommen, panische Reaktionen in einem Bus, weil der Impfpass einer Frau nach dem Einscannen plötzlich rot anzeigt, eine Armada von Krankenfahrzeugen, die nachts mit Blaulicht Menschen in Quarantänelager abtransportieren – die Beispiele sind schier endlos.

Wer glaubt, die Situation in China habe mit uns nichts zu tun, irrt. Auch in den westlichen Demokratien kann nicht ausgeschlossen werden, dass technische Überwachungsinstrumente, wie etwa der digitale EU-Impfpass oder Apps zur Kontaktverfolgung eines Tages so scharf gestellt werden, dass es dem Grundverständnis einer freien und offenen Gesellschaft so entgegenstehen würde, wie die Situation in China.

Die Warnung lautet: Die demokratischen Verhältnisse von Februar 2020 sind mit den Verhältnissen seit März 2020 schon nicht mehr zu vergleichen. Eine Garantie dafür, dass wir in den kommenden Jahren zu demokratischeren Verhältnissen zurückkehren können, gibt es nicht. Das Bundesbildungsministerium hat übrigens bereits untersuchen lassen, ob in Deutschland ein Sozialpunktesystem wie in China installiert werden könnte.

Wer glaubt, dass solche düsteren, alarmistischen Gedanken unangebracht seien, weil doch, erstens, die Pandemie irgendwann zu einem Ende kommen wird und zweitens, andere Länder doch bereits Maßnahmen nahezu komplett abgelegt und zu einer relativen Normalität zurückgekehrt seien, irrt erneut. Wir sehen gerade am Beispiel Dänemark, dass Maßnahmen jederzeit wieder hochgefahren werden können, aber, noch wichtiger: Unter dem Paradigma der neuen Normalität scheint die Pandemiesituation zu einer Art Dauerzustand angelegt zu sein.

„Nach der Pandemie, ist vor der Pandemie“, heißt es schon jetzt in den Medien. Diese im Grunde genommen banale Aussage, die in ihrer Pauschalität natürlich genauso richtig ist, wie wenn jemand sagt: Nach einer Katastrophe ist vor einer Katastrophe, trägt im aktuellen Kontext den Verdacht in sich, dass „die“ Pandemie oder Pandemien von nun an die Menschen anhaltend beschäftigen werden – und dass, obwohl sich immer stärker der Verdacht aufdrängt, dass Sars-Cov-2 aus einem Labor stammt. Und als ob das noch nicht genug wäre, warnt Bill ‚wir müssen die ganze Welt impfen‘ Gates auch noch vor bioterroristischen Anschlägen.

Bürger müssen, je schneller desto besser, begreifen, dass ihre Gleichgültigkeit, ihre Apathie, aber auch ihre Bereitschaft, selbst die schwerwiegenden Grundrechtseingriffe mitzutragen, die Demokratie in ihren Grundfesten erschüttert. Sie mögen jetzt – aus ihrer Sicht vielleicht von einem verständlichen Standpunkt – Maßnahmen befürworten, sich die erste Spritze, die Zweite , die Dritte und auch noch die Vierte abholen. Doch was ist, wenn ihre eigene „Schmerzgrenze“ bei der fünften, zehnten oder 18. Spritze erreicht ist? Werden sie dann, so wie es der Nürnberger Kodex ihnen heute noch zugesteht, sich der Impfung entsagen können?

Schon jetzt spricht der bayerische Ministerpräsident Markus Söder offen darüber, dass der „Geimpften-Status“ nach neun Monaten nicht mehr gelten könnte. Was das bedeutet, kann sich jeder an einer Hand abzählen. Spritzen lassen alle neun Monate? Dann kommt die Variante X, bei der, wer weiß, eine Wirkdauer von nur noch drei Monaten verkündet wird, bei Variante oder Virus Y wird der angebliche „Impfschutz“ vielleicht nur noch zwei Monate anhalten. Vieles ist denkbar. Leider. Wann reicht es auch den Gleichgültigen?

Jetzt, hier und heute, obliegt es jedem Einzelnen, auf dem Boden des Grundgesetzes dafür einzustehen, dass der Staat mit seiner eigenartigen „Fürsorge“ Grenzen einhalten muss, die er nicht überschreiten darf. Er darf und muss eine Pandemie bekämpfen. Was er nicht darf, ist, die Grund- und Menschenrechte zum Spielball der Pandemiepolitik zu machen. Von einer „Tyrannei der Ungeimpften“, schimpft Frank Ulrich Montgomery, der Chef des Weltärztebundes, dieser Tage. Hamburg will Geimpfte und Ungeimpfte auf den Weihnachtsmärkten durch Zäune voneinander trennen.

36 Mal taucht der Begriff Freiheit in unserem Grundgesetz auf. 36 Mal erinnert er in unserer Verfassung an den Wesenskern unserer Demokratie. Die Maßnahmenkritiker kämpfen dafür, die Einpeitscher verachten sie, den Gleichgültigen ist das egal.«

Über den Autor des obigen Essays

»Marcus Klöckner, studierte Soziologie, Medienwissenschaften und Amerikanistik. Er ist Journalist und Autor. Zuletzt erschien sein Buch: „ Zombie-Journalismus – Was kommt nach dem Tod der Meinungsfreiheit?“. Als Mitherausgeber initiierte er 2019 eine Neuausgabe des Klassikers der herrschaftskritischen Soziologie „Die Machtelite“ von C. Wright Mills.«