Wissenschaftstheorie

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Als „Wissenschaftliche Methode[1] oder „Szientifizismus“ wird der auf Empirismus basierende Standard der wissenschaftlichen Methodik bezeichnet.

Es gibt kein Naturgesetz, welches Wissenschaftler auf eine bestimmte anzuwendende Methodik festlegt. Trotzdem wird an den Universitäten überwiegend die Meinung vertreten, dass der Wissenschaftsbetrieb nicht nur in den Naturwissenschaften[2] auschließlich über empirische Forschung betrieben werden könne und deduktives, apriorisches Arbeiten, welches nicht falsifiziert werden kann, wissenschaftlich irrelevant sei. Da es sich aber nur um eine Meinung handelt, ist diese Sicht problematisch und rückweisbar[3][4], wie hier noch zu erörtern ist.

Warum wird das „monistische“ Beharren auf den Empirismus zum Problem?

Dies wird intuitiv deutlich, wenn wir uns den Charakter von Aussagen anschauen. Es gibt Aussagen, 1) die sind theoretisch und allgemein gültig und daher logisch unstrittig und 2) solche die historische Ereignisse oder künftige Prognosen sind, d.h. sie können nicht allgemein gelten und bedingen einer Prüfung, um Sicherheit darüber zu erlangen.

Der Satz des Pythagoras gehört beispielsweise zu ersterer Art von Aussagen. Man muss in der Analogie also keinen rechten Winkel mehr messen, wenn sich die Seitenlängen eines konstruierten Dreiecks entsprechend verhalten. (Dies leuchtet nicht nur jedem Mathematiker sofort ein.)

Neben dem Satz des Pythagoras gibt es natürlich zahllose Beispiele, die nicht mehr zur Allgemeinbildung zählen bzw. eine bestimmte Fachkompetenz abverlangen. D.h. solche Personen, die nicht über genügend theoretisches Wissen verfügen, werden geneigt sein, den rechten Winkel messen zu wollen oder was auch immer die entsprechende Aufgabe abverlangt. Dabei haben sie dann zusätzlich die Schwierigkeit, in der Empirie die gleichzeitige Wirkung von anderen Faktoren zu berücksichtigen, die eine Prüfung verfälschen (wie Verkrümmungen, schiefe Ebenen usw.), erschweren oder gar unmöglich machen. Es ist dann nicht überraschend, wenn Ignoranz oder das Fehlen von theoretischem Wissen zu Verschwendung und katastrophalen Fehleinschätzungen führt.

Ein anderes Beispiel aus der Ökonomie.[5] Wenn sich zwei Personen A und B freiwillig austauschen, müssen sie davon ausgehen, dass sie davon (durch Bedürfnisbefriedigung) profitieren. Und sie müssen umgekehrte Präferenzen für die ausgetauschten Waren und Dienstleistungen besitzen, damit A höher einschätzt, was er von B erhält als das, was er ihm gibt, und B muss die gleichen Dinge umgekehrt beurteilen.

Wenn man zu solchen Beispielen das Gegenteil behauptet, würde das einer verständigen Person intuitiv sofort absurd oder unvernünftig vorkommen, während das bei historischen Aussagen nicht so ist, weil man nicht wissen kann, ob es vielleicht nicht doch stimmt.[6]

Diese Unterscheidung ist als Erkenntnis in den methodologischen Dualismus eingeflossen. Ludwig von Mises schreibt dazu in Theory and History

Der sterbliche Mensch weiß nicht, wie das Universum und alles, was es enthält, einer übermenschlichen Intelligenz erscheinen kann. Vielleicht ist solch ein erhöhter Geist in der Lage, eine kohärente und umfassende monistische Interpretation aller Phänomene auszuarbeiten. Der Mensch - zumindest bis jetzt - ist in seinen Versuchen, die Kluft zu überbrücken, die er zwischen Geist und Materie, zwischen Reiter und Pferd, zwischen Maurer und Stein gähnen sieht, immer kläglich misslungen. Es wäre absurd, dieses Versagen als ausreichenden Beweis für die Solidität einer dualistischen Philosophie zu betrachten. Alles, was wir daraus schließen können, ist, dass die Wissenschaft - zumindest vorläufig - einen dualistischen Ansatz annehmen muss, weniger als philosophische Erklärung als als methodologisches Instrument.
Der methodologische Dualismus verzichtet auf Aussagen über Essenzen und metaphysische Konstrukte. Er berücksichtigt lediglich die Tatsache, dass wir nicht wissen, wie externe Ereignisse - physikalische, chemische und physiologische - menschliche Gedanken, Ideen und Werturteile beeinflussen. Diese Unwissenheit spaltet den Wissensbereich in zwei getrennte Bereiche auf, den Bereich der äußeren Ereignisse, der allgemein als Natur bezeichnet wird, und den Bereich des menschlichen Denkens und Handelns.[7]

Hoppe:

„Was ist der Grund der klassischen Ökonomen, dass sie ihre Wissenschaft anders betrachten als die Naturwissenschaften? Und was steckt hinter Mises' expliziter Rekonstruktion dieses Unterschieds als einer zwischen einer apriori-Wissenschaft und einer aposteriori-Wissenschaft? Es war die Erkenntnis, dass der Validierungsprozess - der Prozess der Feststellung, ob ein Satz wahr ist oder nicht - in einem Untersuchungsfeld anders ist als in dem anderen.
Lassen Sie uns zunächst einen kurzen Blick auf die Naturwissenschaften werfen. Woher wissen wir, was die Folgen sein werden, wenn wir ein von der Natur vorgegebenes Material bestimmten Tests unterziehen, wenn wir es mit einem anderen Material mischen? Offensichtlich wissen wir es nicht, bevor wir es tatsächlich versuchen und beobachten, was passiert. Wir können natürlich eine Vorhersage treffen, aber unsere Vorhersage ist nur eine hypothetische, und Beobachtungen sind erforderlich, um herauszufinden, ob wir richtig oder falsch liegen. Selbst wenn wir ein bestimmtes Ergebnis beobachtet haben, sagen wir, dass das Mischen der beiden Materialien zu einer Explosion führt. Können wir dann sicher sein, dass ein solches Ergebnis immer dann eintreten wird, wenn wir solche Materialien mischen? Wieder ist die Antwort nein. Unsere Vorhersagen werden immer noch hypothetisch sein. Es ist möglich, dass eine Explosion nur dann auftritt, wenn bestimmte andere Bedingungen - A, B und C - erfüllt sind. Wir können nur herausfinden, ob dies der Fall ist und was diese anderen Bedingungen sind, indem wir einen unendlichen Versuchs- und Irrumsprozess durchführen. Dadurch können wir unser Wissen über den Anwendungsbereich unserer ursprünglichen hypothetischen Vorhersage schrittweise verbessern."[8]
„Ist der Validierungsprozess in Anbetracht solcher Sätze [wie das Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen, den Komparativen Kostenvorteil nach Ricardo, das Gesetz der Mindestlohnarbeitslosigkeit oder das Gesetz vom Kaufkraftverlust bei steigender Geldmenge] erforderlich, um sie als wahr oder falsch zu definieren, und zwar in derselben Art und Weise wie bei der Erstellung eines Satzes in den Naturwissenschaften? Sind diese Sätze im gleichen Sinne hypothetisch wie ein Satz in Bezug auf die Auswirkungen des Mischens zweier Arten natürlicher Materialien? Müssen wir diese ökonomischen Aussagen kontinuierlich gegen Beobachtungen prüfen? Und erfordert es ein nie endendes Versuchs- und Irrtumsverfahren, um den Anwendungsbereich dieser Sätze zu ermitteln und unser Wissen schrittweise zu verbessern, wie es in den Naturwissenschaften offensichtlich der Fall zu sein scheint?“[9]

Die Vertreter des methodologischen Dualismus begründen ihre Ablehnung der empirischen Methode in den Sozialwissenschaften u.a. damit, dass Kausalität eine Bedingung für die Anwendbarkeit dieser Methode ist. Sie kann aber in Bezug auf menschliches Handeln als Bezugsgegenstand nicht angenommen werden.[10] Darüber hinaus hat Hans-Hermann Hoppe in Economic Science and the Austrian Method[11] eine detailierte Widerlegung der empristischen Ansprüche vorgenommen.

Es sind allerdings keine intellektuellen Schwierigkeiten für die mangelhafte Akzeptanz des methodologischen Dualismus anzunehmen. Dies wird zum Beispiel deutlich, indem wir ein weiteres Beispiel einer apriorischen Aussage anschauen.

Wenn ein Tausch nicht freiwillig, sondern erzwungen wird, profitiert eine Partei auf Kosten der anderen.[12]

Wenn dies nicht systemkonform erscheint, muss nicht erläutert werden, dass diese Erkenntnis an staatlichen Universitäten und Schulen nicht auf Gegenliebe stößt, wenn bereits deren Existenz und Rechtfertigung darauf beruht, performativ dagegen zu widersprechen.

Weblinks und Literatur

Fußnoten

  1. Siehe dazu den Artikel Scientific method in der englischen Wikipedia sowie den Artikel Scientific Method in der Stanford Encyclopedia of Philosophy.
  2. Die Naturwissenschaften haben diesen Standard seit dem 17. Jahrhundert geprägt.
  3. Vergleiche: "Because the scientific community does not count omniscient members among its number, its members have developed a "scientific method" to try to deal with their uncertainty about their theories. The "scientific method," which consists of developing hypotheses and "testing" those hypotheses against empirical experience, does not provide the scientific community with certain knowledge, however. It merely serves a rather low hurdle that assists in weeding out what most scientists would consider implausible, unverifiable, and silly theories." - Mark R. Crovelli: What Is a Scientific Theory?, Mises Institute, Alabama, Mises Daily, 6.1.2012.
  4. Peter G. Klein: The (Empirical) Science Isn't Settled, 2018.
  5. Mehr davon in Hans-Hermann Hoppe: Economic Science and the Austrian Method, Mises Institute 1995:14f.
  6. Siehe Theory and History (by Hans-Hermann Hoppe) - Introduction to Austrian Economics, 9of11, Youtube, aufgenommen September 2005, Klampenborg, Dänemark.
  7. Mises, L. v. Theory and History: An Interpretation of Social and Economic Evolution. Auburn: Ludwig von Mises Institute, 1985:1.
  8. Hans-Hermann Hoppe: Economic Science and the Austrian Method, Mises Institute 1995:13-14.
  9. Hans-Hermann Hoppe: Economic Science and the Austrian Method, Mises Institute 1995:16-18.
  10. Jonas Kolb: Das Gedankengut der Österreichischen Schule der Nationalökonomie: Eine Analyse der Vorwürfe der Normativität und Unwissenschaftlichkeit, Springer-Verlag, 2017:63.
  11. übersetzt als Ökonomik als Wissenschaft und die Methode der Österreichischen Schule, mises.at-Verlag, 2015.
  12. Hans-Hermann Hoppe: Economic Science and the Austrian Method, Mises Institute 1995:14.